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Freitag, 28.11.14

Artikel im Handelsblatt im November 2014

Eine bewusste Entscheidung

An Privatschulen unterrichten meist Lehrer, die auch im Staatsdienst arbeiten könnten. Warum sie sich dagegen entschieden haben? Vier Pädagogen erklären es. Darunter ist auch Johannes Weber von der FAS Stuttgart.
von Daniela Singhal

An einer staatlichen Schule wollte Johannes Weber nie unterrichten, auch wenn er es könnte. Der 38-Jährige sagt, er wolle einen Beitrag zu einer anderen Art von Gesellschaft leisten, und das sei an einer normalen staatlichen Schule schwieriger. „Es war mir aber trotzdem wichtig, dass ich eine staatliche Ausbildung habe.“
Weber hat Deutsch, Sachunterricht und Englisch in Freiburg und in Heidelberg studiert, sein Referendariat an einer Regelschule gemacht. „Das war schwierig für mich“, erinnert er sich. „Der lehrerzentrierte Unterricht widerstrebt mir, aber ich musste mich natürlich anpassen.
Regelschulen haben absolut ihre Berechtigung, aber zu mir passen sie einfach nicht“, stellt er fest.

Seit elf Jahren begleitet er die Kinder und Jugendlichen an der Freien Aktiven Schule in Stuttgart. Er ist zufrieden, die Schulform entspricht seinen Vorstellungen: 14 Lehrer unterrichten 110 Schüler außerhalb eines Klassensystems. Da es keine Klassen gibt, gruppieren sich die Schüler je nach Interesse in freiwilligen Kursen zusammen und erlernen die gewünschten Themengebiete. Ohne Notendruck können sich die Kinder frei entscheiden, was sie machen wollen. „Unsere Schüler suchen sich jeden Tag ihre eigenen Projekte aus und können ohne Zwang ihren inneren Impulsen folgen“, so Weber.

Zwar orientiert sich die Freie Aktive Schule am staatlichen Bildungsplan, sie kann aber noch Angebote darüber hinaus machen. Das jahrgangsübergreifende Modell ermögliche viel soziales Lernen, meint Weber, dem es wichtig ist, seine Schüler individuell unterstützen zu können. „Bei uns gibt es wenig Bürokratie, deshalb können wir uns leichter auf die Bedürfnisse der Kinder einstellen.“
Er verdient 2 700 Euro brutto im Monat. An einer staatlichen Schule wären es rund 3 400 Euro brutto. „Man braucht schon einen gewissen Idealismus. Es gab schon Lehrer, die wegen des Gehalts an eine Regelschule gewechselt sind. Aber für mich kommt das nicht infrage.“